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von SiOnFaNaTiKeR » Do 27 Mai 2021, 18:57
Das Lötschbergduell auf Messerschneide
Der FC Sitten und der FC Thun duellierten sich bislang fünfzig Mal auf höchster Stufe des Schweizer Fussballs, der Super League. Ein Rückblick im Zeitraffer.
Es gibt eine Bilanz, in welcher der FC Thun deutlich vor dem FC Sitten liegt. Es ist die ewige Tabelle der Super League, welche seit der Saison 2003/2004 Bestand hat.
Seit inzwischen 18 Spielzeiten nennt sich die höchste Fussballliga der Schweiz «Super League». Genauso viele Klubs haben denn auch bislang daran teilgenommen: Aarau, Basel, Bellinzona, Grasshopper, Lausanne, Lugano, Luzern, Sankt Gallen, Schaffhausen, Servette, Sion, Thun, Vaduz, Wil, Xamax, Young Boys, Yverdon und Zürich. Angeführt wird diese Rangliste, wie könnte es auch anders sein, vom FC Basel (1326 Punkte) und den Berner Young Boys (1211 Punkte).
Die beiden diesjährigen Barragegegner, Sitten und Thun, waren bislang 15 der 18 Saisons «oben» dabei. Und in dieser Bilanz stehen die Berner Oberländer deutlich vor den Wallisern: Rang sieben FC Thun mit 677 Punkten, der FC Sitten auf dem achten Platz mit 661 Zählern. Wobei, in die Gesamtbilanz miteinfliessend die Saison 2011/2012, in welcher den Sittener 36 Punkte abgezogen wurde. Wegen Streitigkeiten mit dem Weltfussballverband, der FIFA.
Das erste Duell auf höchster Ebene zwischen dem FC Sitten und dem FC Thun geht indes auf die Saison 1999/2000 zurück. Damals noch in Nationalliga A und B unterteilt, bestreiten die Berner Oberländer und die Walliser die im Frühjahr stattfindende Auf-/Abstiegsrunde. Dem «Vorläufer» der heutigen Barrage. Vier B-Klubs treffen auf vier A-Vereine. Jeder gegen Jeden. Mit Hin- und Rückspiel. Nach 14 Spielen steht fest, welche vier Klubs «oben» bleiben oder aufsteigen und welche vier den Gang in die B machen müssen oder «unten» bleiben. In den beiden Direktduellen holt der FC Sitten einen souveränen Heimsieg (3:0) und im Thuner Lachenstadion endet die Partie torlos unentschieden. In beiden Spielen mit von der Partie, der Visper Iwan Imhof sowie Georges Bregy. Beide im Dress der Thuner. Der eine als Mittelfeldspieler, der andere als Trainer. Auch am Ende der Auf-/Abstiegsrunde steht der FC Sitten dem FC Thun vor der Sonne. Zweiter Platz für die Rhonetaler, sechster Rang für die Berner Oberländer.
Bei zwölf der jeweils insgesamt 15 «Super League»-Saisons haben sich die Wege der Sittener und der Thuner direkt gekreuzt. Auch diese Bilanz spricht eine eindeutige Sprache. Diesmal jedoch zu Gunsten der Walliser. 26 der insgesamt 48 Spiele gewann der FC Sitten, 14 Begegnungen entschied der FC Thun für sich. Lediglich in acht Partien trennte man sich im Lötschbergduell unentschieden. Am ausgeglichensten ist die Bilanz, wenn der FC Thun im Heimstadion spielt. Jeweils 10 Siege für Sitten sowie Thun. Und viermal gab es im Lachenstadion oder in der Stockhornarena ein Unentschieden.
Die gemeinsamen «Super League»-Zeiten der Berner Oberländer und der Walliser im Zeitraffer
Saison 2006/2007: Die erste gemeinsame «Super League»-Spielzeit endet mit einem Punktescore von 12:0 zu Gunsten des FC Sitten. Damals im Kader des FC Thun, dessen heutiger Präsident Andreas Gerber. Am Ende der Saison belegen die Walliser den hervorragenden dritten Platz. Die Thuner sichern sich mit dem siebten Rang relativ deutlich den Ligaerhalt.
Saison 2007/2008: In der darauffolgenden Saison setzt der FC Sitten seine Erfolgsbilanz gegen den FC Thun fort. Für beide Klubs ist es eine turbulente Saison. Der FC Sitten stemmt sich auch aufgrund der 10:1 Punktebilanz gegen Thun erfolgreich gegen die drohende Barrage. Die Thuner müssen hingegen abgeschlagen den Gang in die Challenge League antreten. Und nicht nur sportlich durchlaufen die Berner Oberländer ein Tal der Tränen. Ein Sexskandal, bei der verschiedene aktive und ehemalige Spieler involviert gewesen sein sollen, überrollt die Thuner. Zwei Saisons verbleibt der FC Thun in der Challenge League.
Saison 2010/2011: Der Aufsteiger, der FC Thun zeigt dem FC Sitten punktemässig den Meister. Zwei Siege, ein Unentschieden und eine Niederlage stehen bei den Berner Oberländern Ende Saison zu Buche. 7:4 die Bilanz zu Gunsten der Thuner, welche vom späteren Sitten-Trainer, Murat Yakin, gecoacht werden. Trotzdem reicht es den Sittener in der Endabrechnung für den vierten Platz. Einen Rang vor Thun.
Saison 2011/2012: In der zweiten Saison nach dem Aufstieg überrollt der FC Sitten den FC Thun punktemässig erneut. 10:1 die Ausbeute der Walliser. Auf der Bank der Thuner, die Ex-Sittener Bernard Challandes (Trainer) und Adrian «Ädu» Kunz (Co-Trainer). Trotz der beeindruckenden Punktebilanz gegen alle Superligisten, für den FC Sitten endet die Saison beinahe in einer Katastrophe. Transferstreitigkeiten bringen die Walliser an den Abgrund. 36 Punkte werden ihnen abgezogen. Und nur dank des Lizenzentzuges von Xamax bleibt der FC Sitten nach dem Barrage-Duell gegen Aarau in der «Super League». Der FC Thun kann mit 43 Punkten souverän die Liga halten.
Saison 2012/2013: Wie schon in der Aufstiegssaison zwei Jahre zuvor holt der FC Thun mit 7:4 ein positives Punktescore gegen die Walliser. Vor allem die beiden Begegnungen im Frühjahr 2013 entscheiden die Berner Oberländer mit zwei Siegen klar und deutlich für sich (Torverhältnis 5:0 für Thun). Ein mit Stars gespicktes Sitten-Kader (Gattuso, Gelson und Co.) landet letztendlich auf dem enttäuschenden sechsten Rang, einen Platz hinter dem punktgleichen Thun (5.). Und negativer Höhepunkt aus Sicht der Walliser: der Eklat rund um Xavier Margairaz, welcher nach dem Spiel gegen GC dem Präsidenten Christian Constantin «an die Gurgel» will.
Saison 2013/2014: Abermals lässt der FC Thun in den Direktduellen den FC Sitten punktemässig hinter sich. Erneut mit einem Score von 7:4. Dem FC Thun fehlen in der Endabrechnung lediglich zwei Punkte für den Einzug in die Europa League Qualifikation. Für die Sittener wird es ein enttäuschender achter Platz.
Saison 2014/2015: Zum vierten Mal kann der FC Thun in den Direktbegegnungen den FC Sitten in Schach halten. Und schon wieder lautet das Ergebnis 7:4 für die Berner Oberländer. In der Rückrunde im Kader der Thuner: Gaëtan Karlen. Heutiger Hoffnungsträger der Walliser im Kampf um den Ligaerhalt. Die Thuner schneiden auf dem hervorragenden vierten Platz ab. Und die Sittener bleiben in der Meisterschaft erneut hinter den Erwartungen (7.). In bester Erinnerung bleibt den Wallisern jedoch der Cupfinal in Basel gegen den FCB, welchen sie gleich mit 3:0 aus dem St. Jakob-Park fegen. Versöhnlicher Saisonabschluss für den FC Sitten.
Saison 2015/2016: Der FC Sitten kann sich in den Direktduellen gegen den FC Thun wieder mal durchsetzen. Mit 7:4 Punkten für die Walliser. In der Endabrechnung fehlt den Sittener trotzdem drei Punkte für die erneute Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb. Platz fünf und neun Punkte vor dem FC Thun. Die Saison selbst wird den Wallisern trotzdem in bester Erinnerung bleiben. Mit den internationalen Spielen gegen Bordeaux, Liverpool, Kazan oder Braga.
Saison 2016/2017: In den Direktpartien übertrumpft der FC Sitten den FC Thun mit 9:3 Punkten. Im Kader der Thuner, Moritz Hischier aus Oberems. Bei den Wallisern im Team: Gregory Karlen, welcher heute für die Berner Oberländer stürmt. Der FC Sitten landet auf dem vierten Schlussrang und kann sich für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren. Jedoch schmerzt die Sittener noch heute die erste Cupfinal-Niederlage der Geschichte. 0:3 gegen den FC Basel im Stade de Genève. Ohne Mumm, ohne Auflehnung und ohne Zeidler. Für die Thuner, mit dem heutigen Sittener Matteo Tosetti im Kader, endet die Saison im gesicherten Mittelfeld (6.).
Saison 2017/2018: Erneut hält der FC Sitten den FC Thun in den vier Duellen in Schach. Die Punkteausbeute 9:3 für die Walliser. Besonders herausragend das 7:2 vom Frühjahr. Auch ein Oberwalliser findet mal wieder Platz im Kader der Sittener. Noah Berchtold als Ersatztorwart. Zu Saisonbeginn noch im Dress des FC Sitten engagiert, wechselt Gregory Karlen ab dem Frühjahr zum FC Thun. Der FC Sitten wie auch der FC Thun landen am Ende der Saison punktgleich auf den Rängen sechs und sieben.
Saison 2018/2019: Punktemässig kommt es erstmals zu einer Teilung in den Direktduellen zwischen dem FC Sitten und dem FC Thun. Je zwei Siege führt zum Punkteresultat 6:6. Mit Uros Vasic figuriert erneut ein Oberwalliser im Kader der Berner Oberländer. Am Ende der Saison steht Thun auf einem Europacup-Platz (4.) und der FC Sitten muss sich mit drei Punkten weniger mit Platz acht begnügen. Erneut enttäuschend, wenn man das Potenzial der Walliser sieht.
Saison 2019/2020: In der bislang letzten gemeinsamen Saison auf dem höchsten Niveau entscheidet der FC Sitten die Duelle gegen Thun mit einer Punkteausbeute von 7:4 für sich. Der Kader der Thuner wächst um weitere Oberwalliser Spieler an: Saleh Chihadeh (Stürmer) und Noah Berchtold (Ersatztorwart). Auch auf Seiten der Sittener gibt es Verstärkung aus dem Oberwallis. Sandro Theler und Mauro Rodrigues gehören zum erweiterten Kader des FC Sitten. Das Saisonende verläuft denn auch sehr dramatisch. In der letzten Runde überholt der FC Sitten dank eines Siegs gegen Servette noch die Thuner. Die Berner Oberländer, welche eine furiose Rückrunde gespielt haben, müssen in die Barrage. Dort verlieren sie das Duell gegen Vaduz und steigen nach zehn Saisons in die «Challenge League» ab.
Heute Abend nun kreuzen sich die Wege des FC Sitten und des FC Thun erneut. Die Berner Oberländer blicken auf eine gelungene Saison in der «Challenge League» zurück. Mit ein bisschen Wettkampfglück wäre sogar der Direktaufstieg möglich gewesen. Die Walliser hingegen, sie durchlaufen die bislang schlechteste Spielzeit seit dem Wiederaufstieg 2006. Ständig am Tabellenende klebend sind sie am letzten Spieltag dem direkten Abstieg in extremis entkommen. Ob Zufall oder Winnermentalität. Im Hinspiel gegen den FC Thun wird sich zeigen, welche Grinta die Walliser Kicker letztendlich intus haben. Siegen oder Absteigen.