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FCW UND SION BIETEN 1600 ZUSCHAUERN EIN SPEKTAKEL
Gute Ausgangslage wieder nicht genutzt
Drei Mal hat der FC Winterthur gegen Sion mit zwei Toren Vorsprung geführt - und doch nur ein 4:4 erreicht.
Von Urs Kindhauser, Landbote 8.8.05
2:0 und 4:2 hatte der FC Winterthur beim Saisonstart in Lausanne geführt und in der Schlussphase noch 4:5 verloren. 2:0 lag er am Samstag in der 4. Runde gegen Sion nach weniger als zehn Minuten in Führung, zur Pause 3:1 und gut 20 Minuten vor Schluss 4:2. Und wieder reichte es nicht zum Sieg. Ja, die Winterthurer mussten froh sein, diesmal wenigstens einen Punkt gerettet zu haben. Denn in der Nachspielzeit hatte der zuvor dreifache Torschütze Paulo Vogt noch das Siegestor für die Walliser auf dem Fuss. Alleine vor FCW-Goalie Erich Hürzeler hob der ehemalige Winterthurer den Ball um eine Handbreite neben das Tor. Das wäre dann aber doch zu viel Lohn gewesen für die Leistung der vor allem in der Abwehr überraschend anfälligen Walliser, und eindeutig zu wenig für die Winterthurer, die in mancher Hinsicht besser als zuletzt gegen Vaduz und in Baden aufgetreten waren.
Blitzstart des FCW
Schlecht sortiert wirkte Sions Verteidigung vorab in der Startphase. In der 2. Minute schoss Patrick Bengondo alleine vor Fabrice Borer daneben. Drei Minuten später flankte Marian Solomun von rechts hinten in den Strafraum, Fabio Raimondi setzte sich im Zweikampf durch und wurde gefoult. Pascal Renfer verwertete den Penalty zum 1:0. In der 9. Minute erkämpfte Bengondo den Ball, schickte Renfer in die Tiefe, der auf 2:0 erhöhte. In der 19. Minute traf auf der Gegenseite erstmals Vogt, doch der FCW überstand die folgende Druckperiode Sions und baute seinen Vorsprung in der 37. Minute aus. Stefan Kohler sah links den frei laufenden Raimondi, dessen präzise Hereingabe Bengondo zum 3:1 verwertete. Ähnlich war der Spielverlauf nach der Pause. Vogt verkürzte in der 68. Minute auf 2:3, der eingewechselte Thomas Stamm, angespielt von Renfer, erhöhte eine Minute später wieder auf 4:2. Damit schien Sion geschlagen, war es aber nicht. Vogts drittes Tor war das 3:4 in der 77. Minute, und in der 88. sprang Alain Gaspoz nach einem Eckball am höchsten und glich zum 4:4 aus.
«Im Grunde genommen ist unser Konzept aufgegangen», sagte FCW-Trainer Mathias Walther. Dieses sah vor, im Zentrum kompakt zu bleiben und über die Flanken für Gefahr zu sorgen. Das gelang tatsächlich. Überraschend war aber, wie anfällig Sions Innenverteidigung auf Zuspiele in die Tiefe war. In der Pause konnte Coach Gianni Dellacasa dieses Manko mit der Auswechslung des schwachen João Pinto wenigstens teilweise korrigieren.
Wenn Erinnerungen hochkommen
Der Hauptgrund dafür, dass das Spiel trotz der deutlichen Führung nicht gewonnen respektive beinahe noch verloren wurde, ist für Walther «wahrscheinlich in der Tiefenpsychologie zu suchen». Das Tor zum 3:4 sei «das Schlüsselerlebnis» gewesen, «da sind die Erinnerungen an das Spiel gegen Lausanne wieder hochgekommen». Dazu hätte es nicht kommen müssen. Denn alle drei Anschlusstore Sions wären ohne weiteres zu verhindern gewesen. Beim 2:1 spielten Vogt und der Franzose Benoit Cauet zu zweit drei FCW Verteidiger aus, beim 3:2 «würgte» sich Vogt in seiner bekannten Manier an Umberto Romano und Yassin Mikari vorbei, und beim 4:3 kam der Brasilianer doch ziemlich unbehelligt zum Kopfball. Besonders ärgerlich waren diese Gegentore, weil sie in Phasen fielen, in denen der FCW Spiel und Gegner im Griff zu haben schien.
Andererseits verpasste es der FCW, den klar favorisierten Wallisern den K.-o.-Schlag zu versetzen, als diese in grossen Schwierigkeiten waren. Möglich wäre das nach dem 3:1 gewesen. Da wurde Cauet gegen Bengondo zu einem Foul gezwungen, das ihm auch eine Rote Karte hätte eintragen können, denn der Franzose verhinderte damit eine klare Chance. Noch vor der Pause rettete zudem Borer gegen Renfer. Auch nach dem 4:2 spielten sich ähnliche Szenen ab.
Zu viele individuelle Fehler
Natürlich muss sich Kritik gefallen lassen, wer vier Gegentore erhalten hat. Diese zielt aber vor allem auf die individuellen Fehler, die der FCW reduzieren muss, wenn er solch gute Ausgangslagen künftig zum Sieg nutzen will. Organisatorisch und auch vom Gesamteindruck her gesehen wirkte die Verteidigung über weite Strecken solid. Selbst nach dem 4:3 herrschte noch keine Panik, nach dem 4:4 hingegen schon, was angesichts der Vorgeschichte auch nicht erstaunt.
Positiv war, dass Renfer und Bengondo immer mehr zu einem gefährlichen Sturmduo werden. Die beiden fanden zu einer ausgezeichneten Harmonie. Als gelungen betrachten darf man auch die Aufstellung des Offensivspielers Mikari als linker Aussenverteidiger. Er arbeitete gewissenhaft und war zu keinem Zeitpunkt ein Sicherheitsrisiko. Er wurde auch gut von Raimondi unterstützt, der zudem an zwei FCW-Toren entscheidend beteiligt war.
Anfälliger war beim FCW die rechte Seite, wo Solomun und Fabio Digenti noch nicht die richtige Abstimmung gefunden haben. Augenfällig war das besonders in der ersten Halbzeit, als die Mehrzahl von Sions Angriffen über diese Flanke kamen, wo sich die Walliser auch oft eine Überzahl verschaffen konnten.
FC WINTERTHUR - FC SION 4:4 (3:1)
Schützenwiese - 1600 Fans - SR:Wermelinger - Tore: 5' Renfer (Foulpen.) 1:0, 9' Renfer 2:0, 19' Vogt 2:1, 37' Bengondo 3:1, 64' Vogt 3:2, 69' Stamm 4:2, 77' Vogt 4:3, 88' Gaspoz 4:4
FCW: Hürzeler; Solomun, Romano, Castillo, Mikari; Digenti (62' Stamm), Kohler, Kozarac, Raimondi (82' Raimondi); Bengondo, Renfer (90' Izmirlioglu)
Bemerkungen: FCW ohne Wagner, Schnorf, Juninho (verletzt), Lombardi (Todesfall in der Familie), Verwarnungen: 24' Kohler, 42 Sion, 42' Sion, 50' Sion, 57' Renfer (Ballwegschlagen), 75' Sion, 82' Solomun (Reklamieren), 85' Sion, 90' Gelbrot für Gaspoz (Sion)